Sprechen wir von Baukulturentwicklung in unseren Dörfern, so geht es um mehr als historische und regionale Bautraditionen. Natürlich ist es überaus wichtig, dass diese erkannt und bewusstgemacht werden. Entscheidend für den Erhalt und die Entwicklung von Lebensqualität im dörflichen Umfeld ist jedoch auch die Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen Lebensbedingungen und -Vorstellungen. Erhaltungs- und Entwicklungsaufgaben können nur in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit definiert werden. Die Entwicklung von Zielstellungen und Leitbildern bedarf vieler Gespräche, Kommunikations- und Bildungsplattformen in Vereinen, Arbeitsgemeinschaften, Schulen etc. Dieses „Im-Gesprächsein“ stärkt wiederum die dörfliche Gemeinschaft. Der soziale Zusammenhalt der Dorfbewohner wird gefördert und die Identifikation der Bewohner mit „ihrem“ Ort wird gestärkt.
Die Menschen müssen erkennen, dass Baukultur nur als „Puzzle“ vieler Details entsteht und sich jeder in diesen Prozess im Alltag einbringen kann und muss. Nur durch viel Engagement und Verantwortung jedes Einzelnen kann in der Summe Baukultur entstehen. Baukultur will gelebt sein, muss als ein gemeinschaftlicher Lernprozess verstanden werden. Fachkundige Bürger können in Gestaltungsbeiräte oder Arbeitsgruppen berufen werden. Gemeinsames Erleben bei Exkursionen, Themenabenden, Dorfspaziergängen, geselligen Festen und Veranstaltungen motiviert und stärkt die Dorfgemeinschaft. Gute Beispiele regen zum Nachahmen an. Es muss erkannt und verinnerlicht werden, dass ein „Mehr an Baukultur“ ein entscheidendes Kriterium für die dauerhafte Entwicklung der Gemeinde und ein wesentlicher Standortfaktor für Wertschöpfung und ein dauerhaft lebenswertes Wohnumfeld ist.
Ein wichtiger Standortfaktor für das Wohnen und Arbeiten im ländlichen Raum ist das „Inwertsetzen“ der regionalen Baukultur. Dies setzt ein „Miteinander reden“ voraus. Netzwerke Gleichgesinnter sind hierbei besonders wichtig.
Arbeitskreise, Vereine und fachkundige Bürger sollten sich baukulturelle Werte bewusst machen, diese mit Selbstbewusstsein präsentieren und für die regionale Wertschöpfungen nutzen. Baukultur muss als sozialer und kultureller Prozess durch die Gemeinschaft der Dorfbewohner praktiziert werden. Vereine und Institutionen wie der „Landesverein Sächsischer Heimatschutz“ unterstützen dieses Vorhaben. Unter dessen Leitung werden vielfältige Aktivitäten und Projekte zur Erhaltung baukultureller Werte in Sachsen durchgeführt.
Einige sächsische Dörfer mit hohem baukulturellen Wert haben sich zu einer „Interessengemeinschaft Sachsens Schönste Dörfer“ zusammengeschlossen. Die Interessengemeinschaft will die Bewahrung, Pflege, zeitgemäße Nutzung und Weiterentwicklung des baukulturellen Erbes in sächsischen Dörfern fördern. Durch die IG wird der Erfahrungsaustausch national und international sowie die fachliche Beratung gepflegt. Weitere wichtige Themenschwerpunkte sind Öffentlichkeitsarbeit und baukulturelle Bildung. Gute Beispiele sollen publiziert werden und zur Nachahmung anregen. Gesteigerte Attraktivität der Dörfer soll zur Verbesserung der Lebensqualität durch Ansiedlung von Handwerk und Gewerbe führen.

Bürgerexkursion, Foto: AB Knüpfer